Airport Stuttgart

Zählerfernauslesung mit Gebäudeleittechnik vereint

Die wachsende Anzahl M-Bus-fähiger Verbrauchszähler stellte den Stuttgarter Airport vor die Herausforderung, die Zählerfernauslesung mit angemessenem Aufwand weiterzuentwickeln. Die bestechend einfache Lösung besteht aus Universal Gateways der MBS GmbH mit einer Firmware von Baeris. Auf diese Weise lassen sich die Daten nun sicher und zuverlässig übertragen. Gleichzeitig entsteht eine zukunftsfähige Infrastruktur, die den Betreibern uneingeschränkten Zugang zur Gebäudeautomation eröffnet.

Mit rund 8 Millionen Fluggästen jährlich sowie rund 10.000 Beschäftigten bei über 300 Unternehmen bzw. Behörden ist der Flughafen Stuttgart ein wichtiger Faktor in der baden-württembergischen Landeshauptstadt. Bis 2040 will der Airport seine CO2-Emissionen auf ein absolutes Minimum reduzieren. Sein Klimaschutzkonzept umfasst unter anderem umweltfreundliche Energieerzeugung durch den Ausbau von Solaranlagen sowie den Aufbau eines intelligenten digitalen Stromnetzes. Denn über eine Tochtergesellschaft betreibt er als Energieversorger ein geschlossenes Verteilnetz.

Performance-Grenzen überwinden
Die Anzahl der Stromzähler – die via M-Busprotokoll über TCP/IP bzw. über Adapter für die Umwandlung serieller Daten von einer RS-485-Schnittstelle in IP-Pakete kommunizieren – war über die Jahre kontinuierlich gewachsen. Wurden sie zunächst über eine selbst entwickelte Lösung mittels kaskadierter SPS-Systeme verbunden, so stieß diese an ihre Performance-Grenzen, als der Umfang immer mehr Geräte unterschiedlicher Hersteller umfasste. „In der Folge waren Wartung und Weiterentwicklung mit internen Ressourcen kaum noch möglich“, erinnert sich Klaus Sieker, Projektmanager Facility Management am Flughafen Stuttgart.

Zudem sollten die Verbrauchsdaten den nachgelagerten Systemen zur Verfügung gestellt werden: etwa dem Energiedatenmanagementsystem (EDM) BelVis von Kisters, dem Heizkosten-Abrechnungssystem Heiko sowie der neu beschafften Gebäudeleittechnik (GLT) Siemens Desigo CC mit einer BACnet-Schnittstelle.

Doch die Suche nach einer entsprechenden Lösung gestaltete sich schwierig. Anbieter von Hardware, Software oder kompletten Systemen gibt es Siekers Erfahrung zufolge zwar genug – aber eine einfache, maßgeschneiderte Anbindung der 256 Stromzähler an die vorhandene Infrastruktur fanden die Verantwortlichen zunächst nicht. Schließlich kam es zu einem Treffen mit der Baer Energie- und Messtechnik GmbH aus Fürth. Deren Baeris-Technologie wird häufig genutzt, um Verbrauchsdaten für Elektrizität, Gas, Wärme oder Wasser auszulesen. Als die Baeris-Leute erwähnten, dass sie für ihren Vorschlag Gateways der Krefelder MBS GmbH verwenden wollten, war Sieker sofort angetan: „Wir nutzten bereits ein MBS-Gateway für die Kommunikation von BACnet auf OPC, das zuverlässig funktioniert.“

Unkomplizierte Lösung auch für kommende Aufgaben
Die Lösung, die für den Stuttgarter Airport als Wandaufbaugehäuse kreiert wurde, besteht aus einer Baeris Box APS. Darin enthalten ist ein Baeris Resource Controller mit der Baeriscon-Software, der mit einem Universal-Gateway von MBS als Kommunikationsschnittstelle für die Busprotokolle M-Bus und BACnet verbunden ist. Komplettiert wird die Box mit einem Impulserfassungsgerät mit zwei Eingängen, einem Mbus-Master plus einem Wireless M-Bus-Umsetzer für die Geräte, die nicht via Kabel erreichbar sind. „Damit können alle Verbrauchsdaten eingesammelt werden, um sie den unterschiedlichen Systemen zur Verfügung zu stellen“, erläutert André Wankelmuth, geschäftsführender Gesellschafter bei Baeris.

Für die Fernauslesung wurden insgesamt sieben dieser Boxen, die jeweils via TCP/IP mit einer gewissen Zahl an Feldgeräten verbunden sind, an das Zählernetzwerk angeschlossen. „Damit haben wir die gewünschte, unkomplizierte Lösung für unsere gegenwärtigen Aufgaben, aber auch für zukünftige Herausforderungen“, zeigt sich Sieker erfreut. Zufrieden war er auch mit der technischen Ausführung bei laufendem Betrieb. Denn als Verteilnetzbetreiber muss der Flughafen kontinuierlich bestimmte Daten für die Marktkommunikation zur Verfügung stellen und kann sich dabei keine Auszeit leisten.

Fernauslesung plus Datenaustausch
„Mit unserer erfolgreichen Partnerschaft überwinden wir die Grenzen zwischen Zählerfernauslesung und Gebäudeautomation“, unterstreicht Nils-Gunnar Fritz, CEO der MBS GmbH. Der Clou: Es werden Datenerfassungsprotokolle aus der Fernauslesung hersteller- und spartenübergreifend für die GLT genutzt. Bei der Portierung der speziellen Baeris-Software auf die Universal-Gateways wird für die interne Kommunikation das Netzwerkprotokoll MQTT (Message Queue Telemetry Transport) verwendet. Das Datenmapping zwischen den beiden Softwarewelten läuft automatisiert ab. „Im Ergebnis lässt sich die Box nicht nur für die zuverlässige Fernauslesung der Stromzähler einsetzen, sondern auch für den sicheren Datenaustausch in der Gebäudeautomation“, bekräftigt Wankelmuth.

Der vielfältige Nutzen dieses Ansatzes: Die Boxen arbeiten nicht nur zuverlässig und lassen sich sehr gut warten – sie sind auch hervorragend für das Energiemanagement einsetzbar. „Die Anlagen des Airports können effizienter gefahren werden als zuvor, was dem Nachhaltigkeitsziel ebenso zugutekommt wie den Stromkosten unserer Mieter“, nennt Sieker ein Beispiel. Zudem kann die kostenintensive Überschreitung kritischer Verbrauchsschwellen ohne großen Aufwand vermieden werden. „Der Zähler liefert die Verbrauchsdaten an die Leittechnik, die automatisch die entsprechende Steuerung der Anlagen übernimmt und sie gegebenenfalls abschaltet“, erläutert Wankelmuth.

Den Blickwinkel des Betreibers einnehmen
Mit ihrer Lösung schaffen Baeris und MBS einen neuen Zugang zur Gebäudeautomation, da es durch die Verwendung der BACnet-Schnittstelle nicht notwendig ist, zusätzlich eine Automationsstation einzusetzen. „Selbst wenn weitere Feldgeräte wie Temperatursensoren oder innovative Anwendungen hinzukommen sollen, ist keine zusätzliche Hard- oder Software erforderlich,“ betont Fritz. Vielmehr können diese per Kabel oder Funk in das Netzwerk aufgenommen werden, um die Daten direkt in die GLT zu übertragen. Sollte einmal ein anderes Busprotokoll benötigt werden, so können die Gateways auch flexibel erweitert werden. Flughäfen, die mit BACnet/SC ihre Infrastruktur sicherer machen wollen, haben überdies mit den Boxen die geeignete Ausrüstung, denn die MBS-Gateways sind seit zwei Jahren auch für BACnet/SC zertifiziert.

Hinzu kommt, dass durch die Bündelung mehrerer Funktionen in einem einzigen Gateway weniger in Anschaffung, Betrieb und Pflege von Infrastrukturen sowie Softwareprotokollen investiert werden muss. Gleichzeitig sinken die Betriebskosten, wenn erfasste Daten nur noch einmal versendet werden. Auf diese Weise kann ein Liegenschaftsbetreiber seine Ökobilanz verbessern, denn ein kleineres Netzwerk benötigt weniger Energie. „Dieses Projekt zeigt, dass es überaus sinnvoll sein kann, aus dem Blickwinkel der Betreiber zu definieren, welche Geräte wirklich notwendig sind“, so das gemeinsame Resümee von Wankelmuth und Fritz.