Gebäudeautomation mit Thread - Vom Feld ins Internet der Dinge

Das funkbasierte Busprotokoll Thread schickt sich an, in die Gebäudeautomation einzuziehen. Planer, Integratoren und Liegenschaftsbetreiber sollten sich jetzt informieren, was sie bei der Planung und dem Aufbau solcher Netze beachten müssen.

Für effizienten Energieeinsatz in Liegenschaften zu sorgen, ist zentrale Aufgabe der modernen Gebäudeautomation (GA). Doch auch in der Haustechnik selbst spielt der Energieverbrauch eine grosse Rolle. So sollen elektrische Geräte ohne festen Stromanschluss wie Sensoren, Rauchmelder oder Thermostate möglichst mehrere Jahre ohne Batteriewechsel betrieben werden können, weil dieser neben den Kosten für den Energiespeicher selbst mit einem hohen manuellen Aufwand verbunden ist.


Niedrige Leistungsaufnahme, geringe Datenübertragungsrate

Doch nicht nur das Messen an sich benötigt Energie. Die Kommunikation zwischen Feld, Automationsebene und Leittechnik verbraucht ebenfalls Strom. Dies gilt vor allem für kabellose Funknetzwerke (WLAN). Da diese Übertragungstechniken aber grosse Vorteile für die Gebäudeautomation bieten, hat die Thread Group – ein Konsortium von Unternehmen aus GA und IT – für den low-energy- Bereich das offene Funkprotokoll entwickelt. Thread verwendet als Übertragungsschicht das IP-Protokoll Version 6 (IPv6) und basiert auf dem Standard IEEE 802.15.4, der zur drahtlosen Datenübertragung für Geräte mit niedriger Leistungsaufnahme und geringer Datenübertragungsrate entwickelt wurde. Das Kommunikationsprotokoll Zigbee und Z-Wave basiert ebenfalls auf diesem Standard. Im Gegensatz zu Zigbee bietet Thread allerdings nativen IP-Support, wodurch sich GA-Geräte unkompliziert an das Internet anbinden lassen.

 

Gewaltige Potenziale

Thread benötigt keinen zentralen Router, sondern transportiert die Signale über ein Mesh-Netzwerk. Es gibt also mehr als einen Übertragungsweg, sodass der Datenverkehr über andere Knoten umgeleitet werden kann, falls ein Kommunikationsweg ausfällt (sogenannte Selbstheilung). Aus dieser Eigenschaft plus dem nativen IP-Support plus dem niedrigen Energieverbrauch ergibt sich das gewaltige Potenzial des innovativen Busprotokolls für Smart-Home-Anwendungen genauso wie für die Gebäudeautomation. Derzeit hat das kabelbasierte Busprotokoll BACnet (Building Automation and Control Networks) mit etwa 64 Prozent den grössten Marktanteil. Circa 25 Millionen Geräte kommunizieren aktuell mit dem herstellerübergreifenden Standard ISO 16484-5, der für Interoperabilität zwischen den Geräten unterschiedlicher Hersteller genauso wie für gewerkeübergreifende Netzwerke sorgt. Mit der jüngsten Revision wurde die Sicherheitsinfrastruktur BACnet Secure Connect (BACnet SC) veröffentlicht, die BACnet- Anwendern den Weg in die Digitalisierung ebnet.

 

Thread-Architektur

Die IoT-Konvergenz für Thread- Projekte und Smart Homes läuft über IP.

 
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Internet der Dinge treibt Gebäudeautomation an

Das Internet der Dinge wird die klassische GA verändern: Ihre physischen Bestandteile werden als virtuelle Repräsentanten in einer Internet-ähnlichen Struktur miteinander verbunden. Mit diesem digitalen Transformationsprozess lassen sich sowohl alle Ebenen und Elemente miteinander verknüpfen als auch die Prozesse automatisieren. Das Ziel: Das Gebäudemanagement einfacher, sicherer und gleichzeitig energieeffizienter zu gestalten. Dabei profitiert die Branche von der Entwicklung im Smart-Home-Sektor. Während die Gebäudeautomation eher lange Innovationszyklen aufweist, sind dort entsprechende Technologien stark im Aufwind: Dem Onlineportal Statista zufolge wird der europäische Smart-Home-Markt bis 2024 bei einer jährlichen Steigerungsrate von 13,2 Prozent auf über 30 Milliarden Euro anwachsen. Globale Player treiben die entsprechenden Technologien voran, was sie für den massenhaften Einsatz tauglich macht. Thread ist eine solche Technologie, die auch in der GA gut einsetzbar ist und zunehmend kostengünstiger wird.

 

Vorteile durch drahtlose Datenübertragung

Die Vorteile funkbasierter Technologien für die Gebäudeautomation liegen auf der Hand. Verkabelungen von Neubauten sind teuer, Nachrüstungen von älteren Gebäuden sehr aufwändig. Hier sind drahtlose Übertragungswege eine Alternative mit Kostenvorteil. Zudem steigen die Sicherheitsanforderungen in der Gebäudebranche. Sicherheitsstrategien wie der Schutz kritischer Infrastrukturen (SKI) des Bundesrats betreffen auch immer mehr GA-Betreiber sowie die von ihnen verwendeten kabelbasierten und kabellosen Netzwerke. Dem trägt Thread Rechnung mit zahlreichen Sicherheitsfunktionen für die an der Datenübertragung beteiligten Elemente: Alle Geräte werden bei Aufnahme in das Netzwerk authentifiziert. Die Daten selbst sind verschlüsselt, nur die Teilnehmer innerhalb eines Kommunikationsnetzes können sie lesen und weitervermitteln. Die Informationen mittels Funkwellen können also nicht von Unbefugten abgehört werden.

 

Interoperabilität nutzen

Ein typischer Anwendungsfall könnte so aussehen, dass ein klassisches BACnet- Netzwerk nachgerüstet werden soll, um für die Liegenschaft einen Energienachweis zu erhalten. Aus Kostengründen ist aber nicht vorgesehen, neue Kabel zu verlegen. Mit Thread lassen sich nun etwa Temperatur-, Luftfeuchte- oder Kohlendioxid- Messgeräte als Funksensoren integrieren, während die vorhandene Infrastruktur parallel weiterbesteht. Beide Welten können mit entsprechenden Gateways kombiniert werden, die Interoperabilität herstellen. Auf diese Weise ist Investitionssicherheit nicht nur für heute, sondern auch auf absehbare Zeit gegeben. Wer heute ein BACnet-Netzwerk besitzt, hat mit BACnet/SC ein hervorragendes Tool, um sichere Kommunikationsverbindungen mit vergleichsweise geringem Aufwand herzustellen. Wer zukünftig auf Thread setzen möchte, kann entsprechende Geräte integrieren und über Router bzw. Gateways nachhaltig mit den vorhandenen Strukturen verbinden. Grundsätzlich bietet es sich dabei an, sich bei Entscheidungen über die Zukunft eines BACnet-Netzwerks im Thread-Zeitalter mit Fachleuten zu beraten. Sie sollten beide Welten beherrschen, in den Standardisierungsgremien der Verbände mitarbeiten und viel Erfahrung mit der Integration verschiedener Busprotokolle mitbringen. Dann muss niemand befürchten, dass sich seine heutigen technologischen Entscheidungen morgen als Fehler erweisen.